Events

07.04.2018 - 27.04.2018

Aktuelle Dokumentarfilme: Das Vergangene im Gegenwärtigen

Ist der Dokumentarfilmer stets ein Zeuge von Handlungen, Ereignissen oder Phänomenen der Zeitgeschichte, spürt er doch auch konkreten zeitlichen Konstanten nach. In der Gegenwart liegt die Vergangenheit begraben. Und nur die Auseinandersetzung mit dem Vergangenen lässt einen Blick in die Zukunft zu. Mit der Dokumentarfilmreihe „Das Vergangene im Gegenwärtigen“ und acht hochaktuellen Dokumentarfilmen, die in unterschiedlicher Art und Weise bestimmte Themen, Ereignisse und Materialien der Vergangenheit in die Gegenwart bringen, möchte das Filmmuseum einer Filmgattung eine Plattform bieten, das im kommunalen Kinobetrieb marginalisiert wird.

Zur Eröffnung der Reihe am Samstag, den 7. April um 20:00 Uhr, werden die beiden Filmemacher Christoph Hübner und Gabriele Voss ihren Film NACHLASS im Rahmen einer Sondervorstellung zeigen. Im Zentrum stehen die Nachkriegsgenerationen und das Erbe der Kriegs- und Nazizeit. In der Sondervorstellung NACHLASS/PASSAGEN zeigen sie zudem kurze Filme, die als Material aus dem Film herausgeschnitten wurden, als eigenständige Stücke den Film jedoch ergänzen und vertiefen.

Die weiteren Erstaufführungen sind zugleich hochaktuell politisch, zeugen aber auch von einer persönlich-biographischen Perspektive. So porträtiert die rumänische Regisseurin Ana Dumitrescu in LICU – A ROMANIAN STORY den 92-jährigen Licu, dessen Leben geprägt ist von zentralen historischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts. In NACH DER ZUKUNFT schildert der HIV-positive Aktivist Ortwin Passon, wie seine Gegenwart durch die Diagnose aus der Ordnung geriet (Passon wird dem Publikum an beiden Spielterminen für ein Gespräch zur Verfügung stehen). MUHI – GENERALLY TEMPORARY stellt den aus Gaza stammenden siebenjährigen Muhi vor, der sein ganzes Leben in einem israelischen Krankenhaus verbringen musste, aber dessen Entlassung kurz bevorsteht. SPELL REEL hingegen weitet die Verschränkung von Vergangenheit und Gegenwart auf einen globalen Rahmen aus: So folgt Filipa César den Spuren eines wieder aufgetauchten Film- und Tonbandarchivs nach Guinea-Bissau. In ELDORADO XXI, einem Diptychon von Salomé Lamas, wird der peruanische Ort La Rinconada – auf über 5000 Metern Höhe in den Anden und am Rande einer Goldmine gelegen – zum unwirtlichen Zufluchtsort und zur Hoffnung auf ein besseres Leben.

Die Filmreihe enthält mit JENSEITS DES KRIEGES, einer Konfrontation von Zeitzeugen und Nachkommen mit den Verbrechen der Wehrmachtssoldaten, und Michael Glawoggers WORKINGMAN'S DEATH, eine Untersuchung von Orten und Produktionsstätten körperlicher Schwerstarbeit, abschließend zwei wegweisende Werke aus der jüngeren Vergangenheit, die hinsichtlich der Frage nach dem Vergangenen im Gegenwärtigen vor allem auch stilistisch maßgebend sind. Alle ausgewählten Filme dokumentieren in ihrer Narration über das Jetzt eine Geschichte, die Historisches in den Blick nimmt, um über die Gegenwart nachzudenken.


DOWNLOAD: BlackBox Programm April (PDF)


Filmprogramm

Samstag, 7. April, 20:00 Uhr
NACHLASS
D 2017 · 108 min · DF · DCP · ab 18
Regie/Drehbuch: Christoph Hübner, Gabriele Voss

Man sagt, die Nachkriegsgenerationen tragen zwar keine Schuld aber die Verantwortung dafür, dass so etwas nicht noch einmal passiert. Aber was heißt das konkret? Im Zentrum des Films stehen Menschen, die nach dem Krieg geboren sind, oft schon die zweite oder dritte Generation. Ihre Väter oder Großväter waren Täter, Mitläufer oder auch Opfer. Sie alle sind mit dem Erbe befasst, vor allem durch die Geschichte innerhalb der eigenen Familie.

In Anwesenheit von Christoph Hübner und Gabriele Voss.

Sonntag, 8. April, 15:00 Uhr
JENSEITS DES KRIEGES
A 1996 · 117 min. · DF · 35mm · ab 18 · Regie: Ruth Beckermann · Kamera: Peter Roeshler

Im Film von Ruth Beckermann und Peter Roeshler begegnet der Zuschauer Zeitzeugen und den Nachkommen ehemaliger Wehrmachtssoldaten, die in Wien im grellen Licht eines Ausstellungsraums Stück für Stück mit einer Dokumentation der Verbrechen der Wehrmacht konfrontiert werden. Es entstehen Diskussionen darüber, was und wie es in der Ausstellung Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944 zu sehen ist bzw. wie es verhandelt wird.

Sonntag, 8. April, 17:30 Uhr | Freitag, 13. April, 19:00 Uhr
LICU – A ROMANIAN STORY
RO 2017 · 87 min. · OmeU · DCP · ab 18 · Regie/Drehbuch: Ana Dumitrescu

Aus dem Leben des 92-jährigen Mannes Licu, der - gezeichnet von zentralen historischen Ereignissen des 20 Jahrhunderts - seine Geschichte erzählt: Weltkrieg, die Vertreibung, Ceausescus Industrialisierung und Überwachung, die Revolution von 1989 und der korrupte Post-Kommunismus am Rande der EU. Die 92 Jahre Lebenszeit sind geprägt von Leiden, Liebe, Lachen und Tränen. Die Dokumentation spiegelt große Weltereignisse anhand der Biografie einer Persönlichkeit, die in hohem Alter angekommen über die Vergangenheit reflektiert.

Mittwoch, 11. April, 20:00 Uhr | Sonntag, 15. April, 15:00
NACH DER ZUKUNFT
F 2016 · 116 min. · OmU · DCP · FSK 12 · Regie/Drehbuch: André Krummel · Kamera: Raphaela Te Pass · Darsteller: Ortwin Passon, Mads Elung-Jensen, Rüdiger Lautmann u.a.

Wie fühlt sich diese Gegenwart an, von der man eigentlich dachte, dass man sie nicht mehr erleben würde? Ortwin ist HIV-positiv, hat 1995 seinen letzten festen Freund zu Grabe getragen und arbeitet seit einer Weile an einer Dissertation über Barebacking, das heißt die politische und strafrechtliche Relevanz von ungeschütztem Analverkehr unter Männern in Deutschland. Für Ortwin sowie viele seiner Freunde und Bekannten sind die Fragen nach der eigenen Freiheit und Selbstbestimmung auf besondere Weise existenziell.

In Anwesenheit von Ortwin Passon.

Vorfilm:
SPIELFELD
D 2017 · 24 min · OmU · DCP · ab 18 · Regie: Kristina Schranz · Drehbuch: Kristina Schranz, Carina Zech · Kamera: Caroline Spreitzenbart· Darsteller: Lidija Djuric, Sermijete Iseni, Karl Sternad u.a.

Im Winter 2015 durchqueren über hunderttausend Flüchtlinge unkontrolliert den Ort Spielfeld an der österreichisch-slowenischen Grenze. Die Regierung präsentiert daraufhin medienwirksam ihr „modernes Grenzmanagementsystem“. Aber seitdem die Balkanroute geschlossen wurde, kommt kein Flüchtling mehr in Spielfeld an. Übriggeblieben sind menschenleere Zelte, ein lückenhafter Zaun im Wald und die Dorfbewohner. Wie gehen sie damit um, dass ihr Tausend-Seelen-Dorf zum „Spielfeld“ ratloser Flüchtlingspolitik geworden ist?

Eintritt frei!
Mit freundlicher Unterstützung durch die Cinema for Peace Foundation.

Freitag, 13. April, 21:00 Uhr | Sonntag, 29. April, 15:00 Uhr
SPELL REEL
D·P 2017 · 96 min. · OmU · DCP · ab 18 · Regie: Filipa César · Drehbuch: Sana na N’Hada · Kamera: Jenny Lou Ziegel

2011 taucht in Bissau ein Film- und Tonbandarchiv wieder auf. Kurz vor dem Zerfall, zeugt das Material noch immer von den Anfängen des Kinos in Guinea als Teil des Dekolonisierungsprozesses, wie ihn sich der 1973 ermordete Befreiungskämpfer Amílcar Cabral vorgestellt hatte. Gemeinsam mit den guineanischen Filmemachern Sana na N’Hada und Flora Gomes sowie vielen anderen, hat Filipa César sich auf eine Reise begeben, auf der diese Bruchstücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart überführt wird und sich dort zu einem visionären Prisma verwandelt.

Sonntag, 15. April, 11:30 Uhr | Freitag, 27. April, 19:00 Uhr
MUHI - GENERALLY TEMPORARY
D·IS 2017 · 89 min. · OmU · DCP · FSK 12 · Regie: Rina Castelnuovo, Tamir Elterman · Kamera Rina Castelnuovo, Tamir Elterman, Oded Kirma, Avner Shahaf · Darsteller: Muhammad El-Farrah, Hamuda Abu Naim El Farrah, Buma Inbar u.a.

Um sein Leben zu retten musste Muhi nach seiner Geburt aus Gaza in ein israelisches Krankenhaus gebracht werden. Begleiten durfte ihn nur sein Großvater Abu Naim. Mit zwei Jahren verschlimmert sich sein Zustand dramatisch und die Ärzte sind gezwungen, seine Gliedmaßen zu amputieren. Muhi richtet sich ein: mit künstlichen Armen und Beinen, im Kreis seiner liebevollen Betreuer, zwischen seiner Heimat und seinem Zuhause.

Eintritt frei!
Mit freundlicher Unterstützung durch die Cinema for Peace Foundation.
In Anwesenheit eines Vertreters der Produktionsfirma.


Sonntag, 15. April, 17:30 Uhr | Freitag, 27. April, 21:00 Uhr
ELDORADO XXI
P·F 2016 · 125 min. · OmeU · DCP · ab 18 · Regie/Drehbuch: Salomé Lamas

Die Panoramaaufnahmen sind atemberaubend: Eine majestätische winterliche Berglandschaft, flache Blechhütten, die sich aneinander ducken sowie Frauen, die am Steilhang mit primitivem Werkzeug Geröll zerschlagen. La Rinconada liegt auf über 5.000 Metern Höhe in den peruanischen Anden am Rande einer Goldmine. Das Eldorado des 21. Jahrhunderts ist ein unwirtlicher Ort, in dem unzählige Menschen in der Hoffnung auf Gold und ein besseres Leben unter prekärsten Bedingungen arbeiten und hausen.

Sonntag, 22. April, 15:00 Uhr
WORKINGMAN’S DEATH
A·D 2005 · 122 min. · OmU · 35mm · FSK 16 · Regie/Drehbuch: Michael Glawogger · Kamera: Wolfgang Thaler

In der Ukraine, Indonesien, Nigeria, Pakistan und China untersucht Glawogger Orte, an denen noch schwerste körperliche Arbeit stattfindet. So ist der Dokumentarfilm in fünf Episoden unterteilt, der mit einer Nachschrift in einer stillgelegten Schmelzhütte, einem ehemaligen Stahlwerk in Duisburg endet, in dem mittlerweile ein Freizeitpark von Jugendlichen bevölkert wird.

Mit freundlicher Unterstützung durch die Cinema for Peace Foundation.

Sonntag, 22. April, 17:30 Uhr
NACHLASS / PASSAGEN
D 2018 · 70 min. · DF · DCP · ab 16 · Regie/Drehbuch: Christoph Hübner, Gabriele Voss

Der ursprüngliche Gedanke des Projekts: eine filmische Topografie. Wie lebt die Vergangenheit in der Gegenwart – mehr als 70 Jahre nach dem Holocaust und dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Nach mehreren Jahren Arbeit entstand der Kinofilm NACHLASS und jede Menge interessantes Material blieb übrig. Die Regisseure Christoph Hübner und Gabriele Voss präsentieren eine Auswahl dieser kurzen Filme, die sie NACHLASS / PASSAGEN nennen. Das Motto dieser PASSAGEN lautet: Wie wird erinnert? Wie kann man vergessen? Und was darf auf keinen Fall vergessen werden?

In Anwesenheit von Christoph Hübner und Gabriele Voss.

Cookies auf dieser Website
Um unsere Internetseite optimal für Sie zu gestalten und fortlaufend zu optimieren verwendet diese Website Cookies
Benötigt:
+
Funktional:
+
+
+
Tracking und Analyse:
+