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Filmreihe vom 4. – 30.3.
im Filmmuseum Düsseldorf, Schulstr. 4, 40213 Düsseldorf
Jean-Pierre Léaud ist einer der wichtigsten Protagonisten der Nouvelle Vague und eine Gallionsfigur des französischen Films. Von François Truffaut schon als Kind entdeckt und gefördert, dreht er mit fast allen Regie- Größen des europäischen Kinos: Jean-Luc Godard, Jerzy Skolimowski, Bernardo Bertolucci, Pier Paolo Pasolini, Catherine Breillat, Aki Kaurismäki und einige andere. Vor allem bekannt für die Rolle des Antoine Doinel, erspielt er sich ein Image, mit dem er einerseits "wie kaum ein anderer dem Geist der Nouvelle Vague Gestalt verleiht" (Thomas Klein), das er andererseits aber nur schwer wieder abschütteln kann.
Antoine Doinel ist der schmächtige Schönling, der als Träumer – der Realität stets abgewandt – durch das Leben mehr zu stolpern als zu gehen scheint. Ein ewiger Jüngling, zart, bisweilen scheu und immer den Schalk im Nacken. Der Zyklus zeigt ihn als Kind, Jugendlichen, schließlich als Ehemann und Familienvater. Als François Truffauts Alter Ego hangelt er sich so zwischen 1959 und 1979 in fünf Filmen von Job zu Job, verwickelt sich in chaotische Liebesgeschichten und reagiert auf sein selbst fabriziertes Chaos mit erstaunten Blicken, kurzen, entschuldigendem Lächeln oder einem lässigen Achselzucken. Der sympathische Antoine Doinel war in vielerlei Hinsicht repräsentativ für das Lebensgefühl der französischen Jugend in den 1950er- und 1960er-Jahren und machte Jean-Pierre Léaud zur Ikone des französischen Autorenkinos.
• Der Zyklus wird an vier Sonntagen um jeweils 15:00 Uhr gezeigt.
Ab Mitte der 1960er-Jahre beginnt Léaud, sich von Antoine Doinel zu emanzipieren. Seine Figuren - so zum Beispiel in MASCULIN, FÉMININ (1966) oder I HIRED A CONTRACT KILLER (1992) – werden abstrakter, sein schüchtern – scheues Wesen bleibt ihm jedoch auf den Leib geschrieben. Erst Jahre später wendet er sich gänzlich anderen Rollen zu – so auch in seinem aktuellen Werk LA MORT DE LOUIS XIV (2016). Im Jahr 2000 erhielt er einen Ehren-César. 2016 wurde ihm die Goldene Palme der Internationalen Filmfestspiele von Cannes als Ehrenpreis für sein Lebenswerk verliehen.
So 4.3. 15:00
LES QUATRE CENTS COUPS
SIE KÜSSTEN UND SIE SCHLUGEN IHN
F 1959 · 99 min · OmU · 35mm · FSK 12
R/B: François Truffaut · K: Henri Decaë · D: Jean-Pierre Léaud, Albert Rémy, Claire Maurier u.a.
Die einfache und kommentarlose Geschichte um die Kindheit des missverstandenen Antoine Doinel erhielt den Regiepreis bei den Filmfestspielen in Cannes und begründete die „Nouvelle Vague“. Im Vergleich zu den nachfolgenden Episoden des Antoine-Doinel-Zyklus, schlägt François Truffaut ernstere Töne an und geht mit den Erziehungsmethoden der Vorgängergeneration ins Gericht.
Antoine lebt im Paris der 1950er-Jahre mit seiner Mutter und seinem Stiefvater in einer kleinen Wohnung. Während die Mutter – verbittert über ein Kind, das sie eigentlich nie wollte – abwechselnd liebevoll und grausam ist, pflegt der Stiefvater einen humorvollen Umgang. Aber eines Tages schlägt auch er Antoine brutal. Trost findet Antoine lediglich in seiner Freundschaft mit René. Dennoch gibt es Momente großer Freude, meist verbunden mit kulturellen Dingen, beispielweise dem Schreiben oder dem Kino.
Im Anschluss:
ANTOINE ET COLETTE
ANTOINE UND COLETTE
F 1962 · 29 min · OmU · digital1080p · FSK 0 · R/B: François Truffaut · K: Raymond Cauchetier · D: Jean-Pierre Léaud, Marie-France Pisier, Patrick Auffay u.a.
Antoine Doinel – inzwischen 17 Jahre alt – arbeitet bei Philipps in der Schallplattenfertigung. Nach Feierabend hört er klassische Musik in seiner kleinen Wohnung an der Place Clichy oder trifft sich mit René, seinem Schulfreund aus LES QUATRE CENTS COUPS. Im Mittelpunkt steht aber die faszinierende Colette, die er mit „Doinel’schem“ Charme am Esstisch ihrer Eltern für sich zu gewinnen versucht.
So 11.3. 15:00
BAISERS VOLÉS
GERAUBTE KÜSSE
F 1968 · 90 min · DF · 35mm · FSK 12
R: François Truffaut · B: François Truffaut, Claude de Givray, Bernard Revon · K: Denys Clerval · D: Jean-Pierre Léaud, Claude Jade, Delphine Seyrig u.a.
Antoine – mittlerweile ein junger Mann – wird unehrenhaft aus der Armee entlassen und schlägt sich mit verschiedenen Jobs durch, die er allesamt nicht sonderlich ernst zu nehmen scheint. Sein Gefühlsleben ist ebenso planlos. „Wir stopften den Film voll mit allen Sorten von Sachen, die irgendwie mit dem Thema verbunden waren, das Balzac ‚Einen Start ins Leben‘ nannte.“ (François Truffaut)
„Menschen sind großartig“ sagt Madame Tabard, in die sich Antoine Hals über Kopf verliebt. Diese Aussage wird von vielen Charakteren des Films bestätigt, der einen durchgehend beschwingten und optimistischen Ton hat. Zudem versprüht BAISERS VOLÉS Charme, Natürlichkeit und Spontaneität – vor allem durch seinen Hauptdarsteller, aber auch durch die Art der Inszenierung: Das Drehbuch war skizzenhaft angelegt; während des Drehs wurde viel umgearbeitet und improvisiert.
So 18.3. 15:00
DOMICIL CONJUGAL
TISCH UND BETT
F 1970 · 100 min · OmU · digital1080p · FSK 6
R: François Truffaut · B: François Truffaut, Claude de Givray, Bernard Revon · K: Néstor Almendros · D: Jean-Pierre Léaud, Claude Jade, Hiroko Berghauer u.a.
Nachdem BAISERS VOLÉS mit einem Heiratsantrag endete, erlebt Antoine Doinel in DOMICIL CONJUGAL Freud und Leid einer Ehe: finanzielle Probleme, Freude über die Geburt des Kindes, Seitensprünge, Trennung und Versöhnung. All diese Szenen ergeben eine beschwingte Liebeskomödie, geprägt von menschlichem, warmen Humor und feinem Charme.
Die wechselnden Jobs von Antoine spiegeln seinen Charakter: Er betätigt sich als Blumenverkäufer, der Nelken im Hinterhof lackiert oder als „Kapitän“, der Spielzeugboote in einem Miniaturhafen manövrieren muss. Er ist nun erwachsen, aber eigentlich ein Kind geblieben: ohne konkretes Lebensziel und geleitet von seinen Launen. „Ich langweile mich nie!“ schreit er seiner Frau entgegen. Übel kann ihm das niemand nehmen.
So 25.3. 15:00
L’AMOUR EN FUITE
LIEBE AUF DER FLUCHT
F 1979 · 94 min · DF · 35mm · FSK 12
R: François Truffaut · B: François Truffaut, Marie-France Pisier, Jean Aurel, Suzanne Schiffman · K: Néstor Almendros · D: Jean-Pierre Léaud, Claude Jade, Marie-France Pisier u.a.
Antoine Doinel ist Autor geworden und hat eine Autobiografie mit dem Titel Les Salades de l’amour (Der Liebessalat) veröffentlicht. L’AMOUR EN FUITE ist ebenfalls „autobiografisch“ aufgebaut: Neben der aktuellen Handlung – Scheidung und neue Liebe – besticht der Film durch Rückblenden und Bezüge zum Zyklus selbst.
Insgesamt hat Antoine wenig aus seiner Vergangenheit gelernt: Die Verantwortung als Vater, das Scheidungstrauma, die harte Realität des Alltags scheinen ihm nichts weiter auszumachen. Seine offensichtlichen Mängel schützen ihn vor einer Welt, die es zu ernst mit ihm meint und bestimmen zugleich seinen Charme. Jean-Pierre Léaud ist als Antoine Doinel überzeugend wie zuvor.
So 4.3. 17:30
LA MORT DE LOUIS XIV
DER TOD VON LUDWIG XIV
F·P·E 2016 · 115 min · OmU · digitalDCP · FSK 12
R: Albert Serra · B: Albert Serra, Thierry Lounas · K: Julien Hogert, Artur Tort D: Jean-Pierre Léaud, Patrick d’Assumçao, Marc Susini, Irène Silvagni u.a.
„60 Jahre nachdem Jean-Pierre Leaud mit LES QUATRE CENTS COUPS (1959) seinen Durchbruch hatte, inszeniert Albert Serra ihn als sterbenden Sonnenkönig in einer pompösen, majestätischen Studie über Tod und Vergänglichkeit. Sicherlich der schönste Film in Cannes 2016." (Sight & Sound)
Leid und Sterben machen auch vor den Mächtigsten, ja selbst absolutistischen Herrschern, nicht Halt: Der Sonnenkönig Ludwig XIV. verspürt im August 1715 nach einem Spaziergang plötzlich Schmerzen im Bein. Die nächsten Tage verbringt er in seiner Kammer, führt die Regierungsgeschäfte bestmöglich weiter und gleitet allmählich seinem Tod entgegen. Ein Historienfilm als Kammerspiel, Opulenz auf engstem Raum, der Totentanz eines Bettlägerigen – während um den Totkranken herum schon ebenso eifrig wie eifersüchtig an der Zukunft ohne ihn gebastelt wird.
Fr 9.3. 19:00 | So 18.3. 17:30
LE DÉPART
DER START
B 1967 · 93 min · DF · 35mm · FSK 16
R: Jerzy Skolimowski · B: Andrzej Kostenko, Jerzy Skolimowski · K: Willy Kurant · D: Jean-Pierre Léaud, Catherine-Isabelle Duport, Jacqueline Bir u.a.
Der Brüsseler Friseurlehrling Marc (Jean-Pierre Léaud) träumt von seinem ersten Autorennen und trainiert heimlich mit dem Porsche 911 S seines Chefs. Immer unter Hochspannung, kann er an nichts anderes als an schnelle Autos denken, bis er am Vorabend des Rennens einer neuen Liebe begegnet.
„Ein frenetisch-lustvoll-halbtolles, ganz asozial dem Gefühl des Augenblicks huldigendes Aufbruchwerk, […]. Mit den Augen Skolimowskis sieht Brüssel irre polnisch aus – das macht bestimmt der Surrealismus – und Jean-Pierre Léaud in seiner undurchschaubarsten Performance… Ein Meisterwerk.“ (Riu Hortensia da Silva e Costa)
Der Soundtrack von Krzysztof Komeda entspricht der experimentellen Form des Films: Er komponierte nicht nur die Musik, sondern auch die gesamte Geräuschkulisse. So verband er Free Jazz mit Elementen klassischer Musik, benutzte Jump Cuts und integrierte Lärmelemente wie Léauds Schreie in die Klänge von Trompete und Tenorsaxophon.
Fr 9.3. 21:00
ULTIMO TANGO A PARIGI
DER LETZTE TANGO IN PARIS
F·I 1972 · 129 min · OmU · 35mm · FSK 16
R: Bernardo Bertolucci · B: Bernardo Bertolucci, Franco Arcalli, Agnès Varda, Jean-Louis Trintignant · K: Vittorio Storaro · D: Marlon Brando, Maria Schneider, Maria Michi, Catherine Breillat, Jean-Pierre Léaud u.a.
Nach dem Selbstmord seiner Frau sucht der 45-jährige Amerikaner Paul Ablenkung bei der 25-jährigen Französin Jeanne. Die Treffen in einer Pariser Wohnung bestehen aus Sex und Gesprächen ohne wirklich Informationen aus ihrer beider Leben preiszugeben. ULTIMO TANGO A PARIGI avancierte zum Skandal: In vielen Ländern wurde der Film verboten; in Italien wurden Marlon Brando und Bernardo Bertolucci wegen „Obszönität“ zu Bewährungsstrafen verurteilt. Vorübergehend von Zensurmaßnahmen betroffen, wurde der Film zu einem kassenträchtigen Erfolg.
Jean-Pierre Léaud spielt Tom, den jungen Verlobten von Jeanne, einen „geistig vorpubertären“ (Joan Mellen) Cineasten, der mit seiner Kamera ständig und überall versucht, „Cinema verité“-Bilder einzufangen. Im Vergleich zum sinnlichen Paul ist Tom der entkörperlichte Filmenthusiast, der seine Verlobte mit den Fingern kadriert, bevor er sie in den Arm nimmt. Toms Unwissenheit vom Leben spiegelt sich ebenfalls in seinen enzyklopädischen Kenntnissen der Cahiers du cinéma.
So 11.3. 17:30
I HIRED A CONTRACT KILLER
VERTRAG MIT MEINEM KILLER
FIN·GB·D·SWE·F · 79 min · OmU · digitalDCP · FSK 12
R/B: Aki Kaurismäki · K: Timo Salminen · D: Jean-Pierre Léaud, Margi Clarke, Kenneth Colley u.a.
I HIRED A CONTRACT KILLER sticht in einer Reihe von Filmen Kaurismäkis heraus, die trotz ihrer unangefochtenen Qualität nicht unbedingt als unverwechselbar gelten – nicht zuletzt dank Jean-Pierre Léaud. In Anlehnung an den „Film Noir“ und mit bestechender Farbdramaturgie erzählt Kaurismäki die Geschichte von Henri Boulanger (Léaud), der in einer ausweglosen Lage einen Killer auf seine eigene Person ansetzt.
Direkt am ersten Abend des Auftrags verliebt er sich in eine junge Frau und hat fortan seine liebe Not, dem selbst einbestellten Mörder zu entkommen. Mit wenigen filmischen Mitteln und einem Jean-Pierre Léaud, der mit gleichsam zurückhaltender Mimik die heiter bis melancholische Stimmung des Films bestimmt, entstand ein Melodram, das die Suche des Menschen nach Erfüllung spielerisch thematisiert.
Fr 23.3. 19:00 | Do 29.3. 19:00
LA NUIT AMERICAINE
DIE AMERIKANISCHE NACHT
F·I 1973 · 115 min · OmeU · digitalDCP · FSK 12
R: François Truffaut · B: François Truffaut, Jean-Louis Richard, Suzanne Schiffman · K: Pierre-William Glenn · D: Jacqueline Bisset, Valentina Cortese, Alexandra Stewart, Jean-Pierre Léaud, François Truffaut u.a.
LA NUIT AMERICAINE ist François Truffauts große Liebeserklärung an das Kino. Seine Hommage an das Filmemachen breitet er vor der Kulisse des klassischen Studio-Kinos aus, fernab von Experimenten der „Nouvelle Vague“. Im Mittelpunkt der Handlung steht der kollektive Prozess der Filmentstehung. Im Gegensatz zu Jean-Luc Godards LE MÉPRIS (1963) oder R.W. Fassbinders WARNUNG VOR EINER HEILIGEN NUTTE (1970) porträtiert Truffaut die Beziehungen innerhalb des Teams als familiär und äußerst liebevoll.
Fr 23.3. 21:15 | Do 29.3. 21:15
LE PORNOGRAPHE
DER PORNOGRAPH
F·CAN 2001 · 108 min · OmU · 35mm · FSK 16
R/B: Bertrand Bonello · K: Josée Deshaies · D: Jean-Pierre Léaud, Jérémie Renier, Dominique Blanc u.a.
„Einer der herausragendsten Filme des französischen Kinos.“ (Cahiers du Cinéma)
Jacques Laurent, ein die Jahre gekommener Porno-Regisseur, kehrt nach 25 Jahren aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ins Geschäft zurück. „Das ist wie Fahrrad fahren. Das verlernt man nicht“, erklärt er lakonisch. Durch die Rückkehr ins „Milieu“ kommt es zu Auseinandersetzungen mit seinem erwachsenen Sohn, in denen Positionen geklärt, Werte diskutiert und Standorte (neu) bestimmt werden. Ein poetisches, ruhiges und provokantes Meisterwerk – pornografische Szenen inklusive. Bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes gewannen Regisseur Bertrand Bonello und Hauptdarsteller Jean-Pierre Léaud im Jahr 2001 den FIPRESCI-Preis.
Fr 30.3. 19:00
LA VIE DE BOHÈME
DAS LEBEN DER BOHÈME
F·D·SWE·FIN 1992 · 103 min · OmU · digitalDCP · FSK 6
R: Aki Kaurismäki · B: Aki Kaurismäki nach einer Vorlage von Henri Murger · K: Timo Salminen · D: Matti Pellonpää Evelyne Didi, André Wilms, Kari Väänänen, Jean-Pierre Léaud u.a.
Drei Möchtegernkünstler kämpfen im Paris des 20. Jahrhunderts mit Pfiff, Einfallsreichtum und Stil gegen Hunger, Kälte und Einsamkeit: Inspiriert von Henri Murgers Roman Scènes de la vie de bohème (1851), erzählt diese melancholische Komödie, die nebenbei gesagt eigentlich ein Melodram ist, vom Leben des Schriftstellers Marcel, des albanischen Malers Rodolfo und des irischen Komponisten Schaunard. Und von ihren Beziehungen zu Mimi und Musette, zwei Schönheiten vom Land, die sich in der Großstadt verlieren.
Nach für ihn untypischen Farbexzessen (I HIRED A CONTRACT KILLER, 1990) kehrt Kaurismäki zum stilvollen Schwarzweiß zurück. Entstanden ist eine hervorragend fotografierte und mit filmischen Reminiszenzen gespickte Künstlerstudie – angefangen von kleinen, glänzenden Auftritten Sam Fullers und Louis Malles bis zu den hommageartigen Anleihen an den poetischen Realismus von Carné und Renoir.
Fr 30.3. 21:00
MASCULIN FÉMININ
MASCULIN - FEMININ ODER: DIE KINDER VON MARX UND COCA-COLA
F·SWE 1966 · 110 min · OmU · 35mm · FSK 18
R: Jean-Luc Godard · B: Jean-Luc Godard nach einer Vorlage von Guy de Maupassant · K: Willy Kurant · D: Jean-Pierre Léaud, Chantal Goya, Marlène Jobert u.a.
Im Stil eines Interviewfilms beleuchtet Jean-Luc Godard die Probleme der Generation der 20-Jährigen, der „Kinder von Marx und Coca Cola“. Im Mittelpunkt steht Jean-Pierre Léaud als Paul, der sich ähnlich wie Antoine Doinel orientierungslos zwischen Liebeswirrungen und unsicherer Lebensplanung durch Paris bewegt. Godard setzt in seiner Inszenierung auf eine soziologische Untersuchung, die bisweilen abstrakt, kalt und misanthropisch anmutet. Möchtegern-Revolutionäre, die ihre leeren Ideale gegen eine kranke Konsumgesellschaft verteidigen. Intime Beziehungen erscheinen flüchtig, der Rückzug ins Private folglich unvermeidbar. Ein wenig Poesie lässt Godard dennoch zu: eine Melancholie der Einsamkeit, die sich in private Träumereien flüchtet und in den traurigen Augen von Jean-Pierre Léaud unverwechselbar zum Tragen kommt.
Im Anschluss:
ANTICIPATION, OU L'AMOUR EN L'AN 2000
EIN WOCHENENDE AUF DER ERDE
F 1966 · 20 min · DF · 35mm · FSK 18
R/B: Jean-Luc Godard · K: Pierre Lhomme · D: Anna Karina, Jacques Charrier, Marcel Dalio, Jean-Pierre Léaud u.a.
ANTICIPATION ist ein Nachtrag zu ALPHAVILLE (1965) und verhandelt recht abstrakt das Phänomen der Prostitution, angesiedelt in einer nicht näher definierten Zukunft. Wörter und Gesten der Liebe scheinen verloren gegangen zu sein. Godard beschreibt ihren Rückerwerb in Sequenzen, die ihre künstliche Farbigkeit ändern, um in natürlicher Farbgebung zu enden.